Heinemann, Paul: Potenzierte Subjekte - Potenzierte Fiktionen
Ich-Figurationen und ästhetische Konstruktion bei Jean Paul und Samuel Beckett. Den Ausgangspunkt der Analyse bildet die Differenz zwischen der über Vernunftkategorien vermittelten Autonomie des Ichs im philosophischen Idealismus und der prozessualen Konstituierung ästhetischer Subjektivität in der europäischen Romantik. Im Zentrum steht dabei das Phänomen der Ich-Figuration, durch das die vom Dichter hervorgebrachten Gestalten als Abspaltungen seines Selbst hervortreten. Ästhetische Modalitäten wie die Überhöhung des Ichs als Dichter-Gott und das poetologische Motiv der Doppelgängerei wurzeln in der Emphatisierung des Schaffensprozesses. Die Unausweichlichkeit der Selbstwahrnehmung führt bei Beckett zur Anverwandlung von Beobachter und Objekt sowie zum Terror des Blicks. Jean Pauls multiperspektivisches Erzählen wird in Gestalt des sich über die Alltagsrealität erhebenden Flugkünstlers und eine Poetik des Traums verstärkt, die mit der inneren Versenkung in die Vision bei Beckett korrespondiert. Im Spiel mit der Fiktionalität verwandeln sich die Ich-Figurationen in Schreibende, deren Potenzierung einen Staffellauf der Erzähler etabliert, die sich gegenseitig beobachten oder verfolgen und so die Unabgeschlossenheit des fiktionalen Geschehens parabolisieren. Am Ende dieses Prozesses steht bei Jean Paul die Konstruktion eines idealen Lesers, der zum Protagonisten der Romane aufsteigt, während die Vieldeutigkeit des dichterischen Korrespondenzsystems bei Samuel Beckett einen Interpretationszwang provoziert, der sogar Thema seiner Literatur wird. 422 Seiten, broschiert (Saarbrücker Beiträge zur vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft; Band 16/Königshausen & Neumann 2001) leichte Lagerspuren
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