Neumann, Christian: Zwischen Paradies und ödem Ort
Unbewusste Bedeutungsstrukturen in Theodor Storms novellistischem Spätwerk. In Storms späten Novellen wird die mimetisch dargestellte Wirklichkeit immer wieder von Irrationalem, Dämonischem unterwandert. Dieses lässt sich nicht mehr auf einen metaphysischen Welthintergrund beziehen, sondern kündet von den unbewussten Kräften der menschlichen Seele und antizipiert damit auf dichterische Weise die Entdeckung Freuds. Oft zeigt bereits die Wortwahl an, dass die Handlungen Stormscher Helden von unbewussten Impulsen gesteuert sind. So konstituieren sich unterhalb der rationalen Logik der Handlungsentwicklung kohärente sekundäre Bedeutungsstrukturen, die in ein Spannungsverhältnis zu den manifesten Textebenen treten und die oft weder dem Autor noch dem Leser voll bewusst sind. Als Grundthema vieler Novellen lässt sich der Topos des Mutterfluchs aufweisen, der in mehr oder weniger verhüllter Form in Erscheinung tritt. Während die anderen poetischen Realisten auf je verschiedene Weise eine Läuterung der dargestellten Wirklichkeit anstrebten, nistet sich bei Storm in dem Epitheton "poetisch" das Unbewusste ein, so dass die empirische Realität weniger poetisch verklärt als vielmehr subvertiert wird durch das aus ihr Verdrängte. 200 Seiten, broschiert (Epistemata. Reihe Literaturwissenschaft; Band 385/Königshausen & Neumann 2002) leichte Lagerspuren
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