Rustemeyer, Angela: Dissens und Ehre
Majestätsverbrechen in Russland (1600-1800). Unter Rückgriff auf Methoden der Kriminalitätsgeschichte zeigt die Studie, dass der repressive Umgang mit Majestätsverbrechen auch im vormodernen Russland, bei allen Unterschieden der Herrschaftsvermittlung, ebenso "konsensabhängig" war wie in Mittel- und Westeuropa. Der repressive Umgang mit diesen als Ausdruck von Dissens verstandenen Verhaltensweisen hat dem frühneuzeitlichen Zarenreich vielfach den Ruf einer dem zeitgenössischen Europa fremden Despotie eingetragen. Die aktuellen Fragen der Kriminalitätsgeschichte, der vergleichende Blick und vor allem die Quellen revidieren dieses Urteil. Wo die Anklage wegen Verrats oder Majestätsbeleidigung den Bewegungsspielraum der Untertanen einschränkte, traf sie auf Verweigerung und subtile Gegenwehr. Unter diesen Bedingungen verlangte die Mobilisierung der Bevölkerung für die Verfolgung der Majestätsverbrechen von der Autokratie erhebliche Kompromisse und die ständige Bereitschaft zu Belohnung und Kompensation. Der Erfolg blieb dennoch begrenzt: Die Anzeigepraxis der Untertanen richtete sich über weite Strecken nach den Maßgaben der eigenen Ehre und der sozialen Loyalität statt nach den Vorschriften der Obrigkeit. Die in Prozessakten reich dokumentierte verbale Majestätsbeleidigung spiegelt Herrscherbilder und Selbstbilder, die das Klischee vom "naiven Monarchismus" im Zarenreich nachhaltig widerlegen. IX,462 Seiten, gebunden (Forschungen zur osteuropäischen Geschichte; Band 69/Harrassowitz Verlag 2006)
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